Foto: Kelly Sikkema @kellysikkema 

Täterarbeit schützt Betroffene

Sexualisierte Gewalt bleibt ein Tabuthema – und Täter:innenarbeit erst recht. Der Psychotherapeut Michael Peintner arbeitet seit vielen Jahren mit Männern, die Kinder missbraucht oder Missbrauchsdarstellungen konsumiert haben. Im Interview spricht er über Mythen, Hintergründe und warum Prävention nicht erst bei den Täter:innen, sondern bereits in der Gesellschaft beginnen muss.

Michael Peintner ist Psychotherapeut in Süd- und Nordtirol. Er arbeitet mit Betroffenen von Traumata, mit queeren Menschen – und vor allem mit männlichen Tätern sexualisierter Gewalt. Ein Feld, das kaum Lobby hat, wie er selbst sagt. Dabei sei Täter:innenarbeit ein zentraler Bestandteil von Betroffenenschutz. Im Gespräch mit BARFUSS räumt Peintner mit Vorurteilen auf: Warum es meistens Männer sind, die zu Tätern werden, welche Rolle Scham und Selbsthass spielen, und weshalb offene Sexualpädagogik die wichtigste Prävention ist.

BARFUSS: Herr Peintner, Sie arbeiten mit Täter:innen sexualisierter Gewalt. Wer sind diese Menschen?
Michael Peintner: Ich habe bisher ausschließlich mit Männern gearbeitet, aus allen sozialen Schichten. Es geht um unterschiedliche Delikte: Stalking, Grooming – also die gezielte Kontaktaufnahme Erwachsener mit Minderjährigen, häufig im digitalen Raum, mit dem Ziel, sexuellen Missbrauch vorzubereiten – Übergriffe gegenüber erwachsenen Frauen und vor allem um Kindermissbrauch. Dabei unterscheide ich zwischen sogenannten Hands-on-Tätern, die direkten körperlichen Kontakt mit Kindern haben, und Hands-off-Tätern, die keine physische Nähe suchen, aber Missbrauchsdarstellungen konsumieren oder Kinder zu sexuellen Handlungen vor der Kamera auffordern. Letzteres ist nicht weniger schlimm. Aktuell sind die meisten meiner Patient:innen Männer, die Kindermissbrauchsdarstellungen konsumieren. Ich verwende bewusst nicht den Begriff „Kinderpornografie“ – er verharmlost, worum es geht.